Klimabäume für Erfurt – Wer, wenn nicht wir?
Ein Beitrag von Annika Zegowitz, Uni Erfurt
Der Begriff Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren an Bekanntheit gewonnen und scheint heute in allen möglichen Zusammenhängen aufzutreten. Eine wichtige Frage, die zwischen Öko-Bilanzen, Ressourcenschonung und all den anderen Facetten immer wieder aufkommt, ist die nach Verantwortung: Wieviel Verantwortung trägt man als Privatperson, wie groß ist der eigene Handlungsspielraum? Ruft man sich ins Bewusstsein, welche Dimensionen Nachhaltigkeit und Umweltschutz haben, könnte man als einfacher Mensch durchaus resignieren und sich die Frage stellen: Was kann ich allein denn tun?
An dieser Stelle setzte das Projekt „Klimabäume für Erfurt“ an. Ziel der Aktion war die Pflanzung von 35 Feldahornbäumen, die einerseits auf die Gefahren des Klimawandels aufmerksam machen, andererseits selbst eine positive Klimabilanz aufweisen sollten. Um verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit abzudecken, wurde das Projekt außerdem pädagogisch begleitet und Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Diese sowie weitere Helfer*innen begleiteten das Projekt als Baumpat*innen.
„Klimabäume für Erfurt“ war eine „Koproduktion“ des Nachhaltigkeitszentrums Thüringen und des Seminars „StuFu Nachhaltigkeit“ der Universität Erfurt. Das StuFu-Seminar bietet Studierenden die Möglichkeit, Projekte rund um das Thema Nachhaltigkeit zu planen und gemeinsam mit Praxispartnern – in diesem Fall dem NHZ – umzusetzen. Dabei steht unter anderem der lokale Aspekt im Fokus, also nachhaltig aktiv zu werden vor der eigenen Haustür.
Das Klimabäume-Team setzte sich zusammen aus den fünf Studentinnen Anne Begau, Johanna Kraft, Anna Meinl, Alina Legenbauer, Annika Zegowitz sowie Martin Abramowski vom Nachhaltigkeitszentrum. Finanziert wurde das Projekt von privaten Spender*innen, sowie der Allianz Versicherungsagentur von Steffen Welz. Ein ganzes Semester arbeitete das Team an dem Projekt, welches mit der Baumpflanzung Anfang März abgeschlossen wurde.
Warum Feldahorn?
Bäume sind ein wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems und besonders aus stark bewaldeten Regionen wie Thüringen nicht wegzudenken. Sie bieten Lebensräume für Kleintiere und Insekten, mildern extreme Klimaverhältnisse und speichern CO2, während sie Sauerstoff produzieren. Doch auch Bäume leiden stark unter dem Klimawandel und den damit einhergehenden neuen Wetterbedingungen. Temperaturschwankungen, Wasserknappheit und neue Schädlinge bedrohen die Baumbestände und gefährden ihre Gesundheit. Um diesen Entwicklungen zumindest mittelfristig entgegenzuwirken, müssen mehr klimaresistente Bäume gepflanzt werden, die sich den neuen Umständen anpassen können. Der Feldahorn erfüllt dafür die passenden Bedingungen: Er ist hitze- und frostresistent und leidet daher weniger unter extremen Wetterbedingungen als viele andere Laubbäume. Darüber hinaus hat diese Baumart verhältnismäßig geringe Ansprüche an die Bodenqualität und wächst nicht übermäßig hoch, weshalb der Feldahorn auch für Städte gut geeignet ist.
Von der Idee bis zum fertigen Projekt
Am Anfang von „Klimabäume für Erfurt“ standen eine Idee und ein motiviertes Team. Besonderes Letzteres war wichtig, denn es war nicht immer leicht, zwischen Studienalltag, Corona-Auflagen und Prüfungsphasen auch noch eine Baumpflanzung zu organisieren. „35 Bäume pflanzen ist natürlich ein großes Projekt“ erklärt Anna Meinl. „Am Anfang war ich mir nicht sicher, ob wir dieses Ziel am Ende des Semesters auch tatsächlich erreichen können, aber umso stolzer bin ich auf uns, jetzt, wo wir es geschafft haben.“
Um der Komplexität von Nachhaltigkeit bestmöglich gerecht zu werden, wurde versucht, sie in verschiedenen Dimensionen in das Projekt zu integrieren. Ein Faktor, der dem Projektteam am Herzen lag, war die Zusammenarbeit mit lokalen Akteur*innen und Unternehmen.
Ressourcen für die Baumpflanzung, wie z.B. Setzlinge , Rindenmulch, Kaninchendraht etc. wurden deshalb von in Erfurt ansässigen Betrieben bezogen.
Online-Unterricht zum Thema Nachhaltigkeit
Ein weiterer Punkt war das Weitertragen des Nachhaltigkeits-Gedankens über den Pflanztag hinaus. Um das zu erreichen, erarbeiteten die Studentinnen ein pädagogisches Konzept und führten eine Online-Unterrichtsstunde zu dem Thema Nachhaltigkeit in der neunten Klasse der Aktivschule durch. Dabei kam zwischen den Studentinnen und Schüler*innen ein vielseitiger Austausch zustande. Auch Alina Legenbauer war begeistert von dem Erfolg der Unterrichtseinheit: „Die Schulstunde war super, weil wir nicht nur die Gelegenheit hatten, unser Projekt vorzustellen und unsere Motivation zu erklären, sondern auch sehen konnten, wie viel die Kinder sich schon mit Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben.“
Zusätzlich wurde ein Diskussionsabend mit den Kindern des Kinderheims „Haus Schillerstraße“ veranstaltet – selbstverständlich auch online. Dabei wurde nicht nur über Möglichkeiten gesprochen, den eigenen Alltag nachhaltiger zu gestalten. Die Kinder hatten außerdem die Möglichkeit, selbst kreativ zu werden und „Baumpat*innenensteine“ zu bemalen. Mit diesen konnten sie „ihre“ Bäume markieren, die sie in den nächsten Jahren besuchen und pflegen wollen.
Die Pflanzaktion selbst fand schließlich am Sonntag vor dem Internationalem Frauentag statt, einem Tag, an dem einfach alles stimmte: Die Sonne schien, die Stimmung war gut, und dank der Unterstützung eines befreundeten Forstwirtschaftsmeisters waren die 35 Feldahornbäume bereits am frühen Nachmittag gepflanzt. Besonders motivierend war auch das Interesse von Passant*innen und deren positives Feedback an das Klimabäume-Team.
Wer sich selbst ein Bild von den neu gepflanzten Ahornbäumen machen möchte, kann einen Spaziergang zum Ringelberg machen.
Dort, umgeben von bunten Baumpat*innensteinen sollten inzwischen die ersten grünen Blätter sprießen. Auch Anne Begau, die an dem Projekt beteiligt war, freut sich über den Anblick: „Unser Ziel war, etwas zu schaffen, was über den Zeitraum des Seminars weiterlebt. Es ist toll zu sehen, was man auch als Privatperson erreichen kann, wenn man sich engagiert.“
Hier geht es zum Film auf Youtube
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