Grüner ist schöner
Schulhofprojekt
Abschluss der zweiten Wettbewerbsrunde
Ankunft Kooperative Gesamtsschule „Am Schwemmbach“ Erfurt. Bitumenplatz vor dem Schulgebäude. Keine Pflanzen, Hitzeinsel im Sommer, unschön. Gegenüber aber ein neu angelegtes Grünband, mit Bäumen, Büschen, Wiese, geflochtenen Hängematten. Noch mit rotweißem Band vom Zutritt abgeschirmt, damit das Grün erst einmal wachsen kann. Diese Situation beschreibt ziemlich deutlich, worum es bei „Zehn grüne Schulhöfe für Thüringen“ geht.
Der Bitumen-Hof an der Kooperativen Gesamtschule „Am Schwemmbach“ Erfurt
Die Direktorin, Frau Tallei, erzählt: „Wir hatten auf der Fläche, die jetzt begrünt wurde, 6 Pappeln aus den 1950er Jahren. Ein Sturm ist mächtig in diese Pappeln gefahren und sie mussten aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Das war ein ganz schlimmer Moment für die Schulgemeinschaft. Danach knallte Sonne auf den Schulhof und das Gebäude und alle Klassenzimmer gehen zu dieser Seite raus. Die Stadt wollte keine neuen Bäume pflanzen. Dafür haben Schüler der Abschlussklassen dann aber Bäume gespendet. Und weil es eine schwierige Lage ist – Südwestseite, Hitze, Trockenheit - haben wir das größer denken müssen. Dank der Fördermittel und der Landschaftsarchitektin Frau Vogel haben wir eine große Grünfläche geschaffen, wo die gespendeten Bäume gepflanzt wurden. Und da ist es jetzt grün.“
Neu geschaffene Grün-Oase
Von der Betonwüste zum Schmuckstück
„Ich weiß nicht, wie Ihr Schulhof aussah“, begrüßt die Thüringer Umweltministerin, Anja Siegesmund, die Anwesenden. „Meiner war eine reine Betonwüste mit ein paar dünnen Bäumchen.“ Die meisten Erwachsenen nicken. Auch einige der anwesenden Kinder und Jugendlichen nicken – aber sichtlich auch mit dem freudigen Gefühl, diesen Zustand für ihre Schulhöfe nun überwunden zu haben. Denn das Projekt „Zehn grüne Schulhöfe für Thüringen“ ist ein handfestes, praktisches Projekt – mit entsprechenden Ergebnissen.
Die ausgezeichneten Schulvertreter:innen, Astrid Hölzer und das DUH-Team sowie die Thüringer Umweltministerin
Das Projekt wird von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und hier vom Team um Astrid Hölzer durchgeführt. Es ist inzwischen schon die zweite Projektrunde. In 2019 wurden erstmalig zehn Thüringer Schulen ausgezeichnet. Von Thüringen aus startete die DUH mit dem Projekt dann nach Hessen, Brandenburg und NRW. In jedem Bundesland wird das Projekt unter anderen Rahmenbedingungen durchgeführt.
In Thüringen ist es das Umweltministerium (TMUEN), welches das Projekt fördert und es läuft über einen Wettbewerb, an dem sich die interessierten Schulen beteiligen können. Der Fördertopf ist gut bestückt. Logisch, denn das Umgestalten von Betonwüsten und das Anlegen von Gärten und grünen Klassenzimmern ist nicht wohlfeil zu haben. Es ist möglich, sich als Planungsschule oder als Umsetzungsschule zu bewerben. Die ausgewählten Planungsschulen erhalten 5.000 Euro für die Planung ihres grünen Schulhofes, die Umsetzungsschulen wiederum 30.000 Euro zur Umsetzung ihrer Pläne. Nicht immer ist es ein Automatismus, dass Planungs- ein Jahr später Umsetzungsschulen werden. Und manch eine Schule bewirbt sich mit einem so tollen fertigen Konzept, dass sie sofort zur Umsetzungsschule erkoren wird.
Das Schulhofprojekt in Pandemiezeiten
Nun also „10 grüne Schulhöfe für Thüringen“ Jahrgang 2020/21. Dieser Jahrgang stand unter dem Zeichen von Corona, was aber dem Enthusiasmus der beteiligten Schüler:innen, der Lehrer:innen und auch Eltern keinen Abbruch tat. Im Gegenteil. Homeschooling und der Infektionsschutz in geschlossenen Räumen haben die Rufe und die Sehnsucht nach Draußen-Unterricht und Draußen-Sein lauter werden lassen. Warum also nicht den eigenen Schulhof umgestalten? Aber natürlich bewegen auch die Fragen nach Klimaanpassung, guter Luft, Artenvielfalt dazu, das Schulumfeld grüner – und damit auch schöner! – zu machen. Auch und gerade im Alltag junger Menschen soll es heißen: zurück zur Natur! Und Schule ist ein wichtiger Teil des Alltags.
Vorher-nachher-Poster
Der Enthusiasmus, besser gesagt die Begeisterung zeigt sich auch hier auf der Auszeichnungsveranstaltung. Kinder, Jugendliche und Erwachsene querbeet aus Thüringen, bunt gemischt. Modelle von Schüler:innen, wie sie sich ihre Grünoase Schulhof wünschen. Kurzfilme über die teilnehmenden Schulen. Vorher-nachher-Poster, auch von der gastgebenden Schule Am Schwemmbach. Frau Tallei, die hiesige Direktorin: „Die Schüler wollen unterschiedlich ihre Freistunden und Pausenzeiten verbringen und deswegen ist es wichtig, dass man draußen viele Rückzugsorte hat. Also grüne Orte, Nischen, Räume. Und da sind wir dabei, solche Separierungsecken zu schaffen, natürlich nachhaltig und umweltbewusst – das ist uns wichtig. Wir waren Planungsschule und sind jetzt Umsetzungsschule geworden. Lohnt sich.“
Auszeichnung der zehn Projektschulen
34 Schulen aus Thüringen, darunter deutlich viele Grundschulen, hatten sich im vergangenen Jahr beworben. 10 wurden nun ausgezeichnet, 6 als Planungs- und 4 als Umsetzungsschulen. Das sind neben der gastgebenden * Kooperativen Gesamtschule „Am Schwemmbach“ Erfurt
* Staatliche Gemeinschaftsschule Sonneberg
* Freie integrative Grundschule Känguru Altenburg
* Staatliche Grundschule "Christoph-Wilhelm-Hufeland" Bad Langensalza
* Staatliche Regelschule Werner-Seelenbinder Apolda
* Grundschule "Friedrich Buschmann" Friedrichroda
* Staatliche Regelschule "Ulrich-von-Hutten" Erfurt
* Staatliche Grundschule Weißenborn-Lüderode
* Gemeinschaftsschule Erfurt-Kerspleben
* Staatliches regionales Förderzentrum "Christophorus" Hermsdorf
Jason und Frau Tallei vor dem neu geschaffenen Insektenhotel mit Wildblumengarten
Volles Engagement
Auch Jason aus der 10. Klasse der Gesamtschule „Am Schwemmbach“ nimmt an der Auszeichnungsveranstaltung teil. Er war einer der sehr engagierten Schüler während der Projektphase. Er ist sichtlich stolz auf das Geschaffene, kritisiert aber, dass aus seiner Sicht zu wenige Schüler:innen mit vollem Engagement bei der Sache waren. „Die meisten in meinem Alter sind lieber am Handy“, meint er. Er verlässt die Schule jetzt und beginnt eine Lehre als Mechatroniker. Die Schulleiterin, Frau Tallei, schaut in die Zukunft: „Wir haben aber das Konzept noch größer gezogen und Pläne auch für die große Bitumenfläche. Wir wollen die weghaben. Wir wollen die aufreißen und dann biologische Rasengittersteine legen und unsere geschaffene Grünfläche als geschwungen Weg fortsetzen. Das sind die weiteren Ziele, die wir haben.“ Hoffentlich wird sie dafür solch engagierte Schüler:innen wie Jason an der Seite haben.
Die Bienenklasse an der Bremer Schule ganz ohne Montur (denn die brauche man gar nicht) – hier im Film auf der Veranstaltung
Erfahrungen aus Schulentwicklungsprozessen
Die Beteiligung nicht nur einiger, sondern aller Lehrer:innen und Schüler:innen ist für die eingeladene, beispielgebende Gebundene Ganztagsschule Bremen absolut wichtig. Denn hier wird das Natur-Konzept noch größer gedacht und gemacht. Sie haben nicht nur sattes Grün in allen Formen (Wildwald, Beete, Rasen, Wiesen, Bienenstöcke, Hühnerhof, Holzhütten..) um ihre Schule. Sie begreifen Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit sogar als ganzheitliches Bildungs- und Unterrichtskonzept. Inklusive 98% Bio-Verpflegung. Der Direktor sagt, dass dafür ein gemeinsames Leitbild die Voraussetzung ist. Und, dass bei solcher Art Entwicklungsprozessen immer wieder auf Null gesetzt werden muss, damit man immer wieder gemeinsam neu beginnen kann.
Es geht weiter
Vom 7. September bis 15. Dezember 2021 ist Bewerbungsfrist für die 3. Runde „Zehn grüne Schulhöfe für Thüringen“ mit dem Schwerpunkt „klimafreundlich und vernetzend“.
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Fotos © Uta Kolano