Das Machbare im Konkreten
Unser Nachhaltigkeitsforum 2023
Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) und der Thüringer Nachhaltigkeitsbeirat begrüßten am 25. Oktober in Apolda über 100 Interessierte zum diesjährigen Thüringer Nachhaltigkeitsforum (TNF). Die Vertreter:innen von Kommunen, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen erhielten auf dem TNF unter Moderation von Andreas Fritsch Anregungen zum Thema „Regionen in Bewegung“.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Fragen:
• Wie und wo wollen wir leben? Was macht die Thüringer Regionen nachhaltig lebenswert? Was bewegt uns zum Ankommen oder Bleiben, zum Mitgestalten?
• Welche Qualitäten und Bilder erwarten wir von resilienten, regionalen Entwicklungen im Einklang mit der Natur und der Bevölkerung?
• Können dezentrale Strukturen mit regionalen Wirtschaftskreisläufen und bürgerschaftlichem Engagement angesichts multipler Krisen als Teil einer zukünftigen und lebenswerten Transformation verstanden werden?
Das TNF hatte das Ziel, mutmachende Thüringer Projekte vorzustellen, Akteure zu vernetzen und wollte aufzeigen, wie eine Transformation angestoßen werden und gelingen kann.
Grußworte
Eröffnet wurde die Tagung durch den Thüringer Umweltminister Bernhard Stengele. In seiner Rede würdigte er die Teilnehmerschaft: „Was Sie hier tun, ist nicht zu unterschätzen“. Als Türöffner auf dem Weg einer nachhaltigen Transformation in Thüringen nannte er Zugewandtheit, Offenheit und Freundlichkeit, damit die Menschen sich gerne und ohne Widerstand anschließen.
Beate Seidel, Sprecherin des Thüringer Nachhaltigkeitsbeirats konstatierte die eigene Sprachlosigkeit angesichts der globalen Herausforderungen, Kriege und Krisen, denen wir begegnen und welche auch Prämissen verschieben. Ihr Rat an die Nachhaltigkeits-Akteur:innen lautet, den Fokus auf das jeweils Machbare im Konkreten vor Ort zu lenken.
Impulsvorträge
Landschaftsökologin Prof. Dr. Uta Steinhardt von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde stellte unter dem Motto „Menschen machen Landschaft“ das Europäische Kulturerbe-Siegel für das Oderbruch vor. Das Oderbruch erhielt 2022 als erste Kulturlandschaft dieses Siegel. Von der Heimatstube bis zur Windmühle - über 40 Orte präsentieren die kulturellen Besonderheiten ihrer Region und verbinden sie zu einer gemeinsamen landschaftlichen Erzählung. Professorin Steinhardt berichtete vom Akteursnetzwerk sowie den kulturellen Aktivitäten.
Michael Werner Kockelmann von der Lehmwerk Kleinfahner GmbH & Co. KG begeisterte für den Naturbaustoff Lehm aus der eigenen Lehmgrube. Er skizzierte den Werdegang vom Erwerb eines alten Fachwerkhauses bis zur Firma. Näher eingegangen wurde dabei insbesondere auf die LEADER-Förderung des Projekts „Seminar- und Verkaufsraum im Lehmwerk Kleinfahner“ über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.
Thomas Meier aus Tonndorf vom Talvolk e.V. / Gemeinwohl im Tal eG Regionalinitiative im südlichen Weimarer Land beleuchtete in seinem Vortrag „die regenerative Regionalentwicklung für eine solidarische Postwachstums-Gesellschaft …und was die mit unserem Gesellschaftssystem zu tun hat“. Er zeigte anhand vielfältiger Aktivitäten* auf, wie das gute Leben entstehen könnte in einer überschaubaren Region: * z.B. Gemeinschaft "Solidarische Landwirtschaft Tonndorf" für 50 Menschen, Freie Talschule Tonndorf, regelmäßige Hof-Stammtische und Mitfahrbänke als Alternative für die Mobilität im ländlichen Raum.
Den Impulsvorträgen folgte das Podiumsgespräch „Regionen in Bewegung“.
Workshops/Gesprächsinseln am Vormittag
Mario Wolf und Moritz Pollack von der Bauhaus-Universität Weimar präsentierten Erkenntnisse aus dem BMBF-Projekt OLE: Organisation sektorübergreifender Energiesysteme für ländliche Gemeinden. Ziel des bis Ende 2023 laufenden Projekts ist die Unterstützung von Kommunen bei der Umsetzung von innovativen ländlichen Energiekonzepten durch Kopplung der Sektoren Land-, Abfall- und Abwasserwirtschaft.
Thomas Bauer, Geschäftsführer der Kompetenzteam GIS GmbH mit Sitz in Leipzig, stellte das Konzept zur Wiederverwendung von Abwasser zur Bewässerung urbaner grüner Infrastrukturen vor. Entwickelt und vermarktet wird dieses Konzept gemeinsam mit der ECO Water Solution GmbH. Das Projekt ReWaterCity beinhaltet ein mobiles Wasserwiederverwendungssystem mit Umweltdatenerfassung, welches das Potential zur wassersensiblen Stadt und der Ökosystemleistungen zeigen soll.
Der Workshop von Dr. Kersten Roselt, Geschäftsführer der JENA-GEOS -Ingenieurbüro GmbH und Mitglied der EnergieWerkStadt zum Thema „Energieversorgungskonzepte und Energetische Quartierskonzepte“ konnte zweimal angeboten werden. Hier ging es um das Potenzial zur Senkung der Treibhausgasemissionen beim energetischen Quartiersumbau des Gebäudebestandes durch individuell angepasste Maßnahmen – und um Regionale Wertschöpfung für Handwerker und Ingenieure! Vorgestellt wurden die Unterstützungsmöglichkeiten und Förderinstrumente für integrierte Quartierskonzepte.
Claudia Böhme-Hirsch von der Freiwilligenagentur SHK gestaltete mit Christian Schorsch einen sehr lebendigen Mitmach-Workshop zur Frage: Wie können wir unsere Region resilient(er) gestalten? Aufgezeigt wurden die Kooperationen durch die Mitmach-Region Saale-Holzland-Kreis. Diese Initiative möchte ein lebendiges, wertschätzendes Miteinander von sich gegenseitig unterstützenden Einzelakteuren, Projekten und Strukturen kultivieren.
Dr. Franziska Lehmann, Leiterin Forschung und Entwicklung der Texulting GmbH, referierte über „Wege zu einer nachhaltigen Textilindustrie - Ressourcenknappheit mit Kreisläufen begegnen“. Seit Anfang des Jahres 2023 nimmt die Stadt Apolda mit dem Vorhaben „Auxesia“ an dem vom BMWK durchgeführten Bundeswettbewerb „Zukunft Region“ teil. Es sollen die Voraussetzungen für die Entwicklung neuer nachhaltiger textiler Verfahren und Produkte im Sinne der Kreislaufnutzung von Werk- und Wertstoffen geschaffen werden.
Thomas Heinick, RITTWEGER und TEAM GmbH, und Fabian Kochmann vom Weimarer Land Tourismus e.V. stellten das Modellprojekt „Markenprägende Geländemöblierung als CO2-Depot“ vor. Mit den Beteiligten kamen sie ins Gespräch über Stoffkreisläufe, Kreislaufwirtschaften und CO2-Depoteffekte und darüber, wie dies praktisch umsetzbar ist, u.a. mit Möbeln als Grundlage für ein zweites und drittes Leben des Materials, zu erleben mit der Wanderbank Silva.
Mitmach-Region Saale-Holzland-Kreis
Theaterstück "Commedia dell`Klima: Die unfreiwillige Feuerwehr"
Die Freie Bühne Jena e. V. brachte den von Hannah Schlüter im Frühjahr 2022 verfassten Theatertext „Die unfreiwillige Feuerwehr“ zur Aufführung. Die Reisegeschichte der Zwiebelprinzessin und der Kloßmarie durch Thüringen bietet tragisch komische Unterhaltung, eine Menge Nonsens und Infos über Menschen, Tiere, Klöße und den Frust, den es bedeutet, in Zeiten des Klimawandels zu leben. Fazit: Die Welt braucht eine Therapie, damit die Geschichte mit der Erde und den Menschen gut ausgeht. Zum aufgeführten Theaterstück wurde am Nachmittag ein vertiefender Workshop angeboten. Hinweis: Die Künstlergruppe kommt für Aufführungen mit einer mobilen Bühne, einem Theaterwagen auch zu Ihnen vor Ort.
Zwiebelprinzessin und Kloßmarie
Workshops/Gesprächsinseln am Nachmittag
Im Workshop des Thüringer Netzwerks zur Belebung von Leerstand drehten sich die Diskussionen um den Leerstand im ländlichen Raum. Dr. Bertram Schiffers zeigt auf, was die Leergut-Agenten in Thüringen leisten für eine gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklung, für die Um- und Wiedernutzung von Häusern und Brachen und für eine Baukultur, die Innovationen in der Planung, Finanzierung und Förderung hervorbringt - damit Leerstand zum LeerGut wird.
Anna Meincke vom Dachgemüse Erfurt zeigte im Workshop „Urban Farming“ die Probleme und Auswirkungen unserer Gemüseproduktion auf. Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es in Sachen Lebensmittelverschwendung und Plastikmüll, Insektensterben und Überdüngung? Ein Lösungsweg wurde aufgezeigt am Beispiel der Stadtfarm Erfurt mit dem Anbau besonderer Sorten, Direktvertrieb, Workshops & Events.
Anna Meincke vom Dachgemüse Erfurt
Mit dem Jahresende endet die Internationale Bauausstellung (IBA) Thüringen. Die IBA-Ausstellung ›StadtLand. Von Thüringen lernen‹ konnte am Tagungsort bei einer Führung besichtigt werden. Die experimentellen Projektprozesse aus zehn Jahren Tätigkeit sind Modell für neue Lebens- und Wirtschaftsweisen. Der Umbau des unter Denkmalschutz stehenden Industriebaus Eiermannbau als Sitz der IBA Thüringen rückte besonders in den Blick.
Führung durch den Eiermannbau
Die Veranstaltung wurde per Graphic recording begleitet.
An Infoständen im großen Saal bestand die Möglichkeit zur Vernetzung. Angeboten wurde isbesondere Material zum Thema nachhaltiges Wirtschaften / Kreislaufwirtschaft.
Praxisbörse
Das Thüringer Nachhaltigkeitsforum wird jährlich veranstaltet vom Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz sowie vom Thüringer Nachhaltigkeitsbeirat. Es wird organisiert und durchgeführt vom Verein Zukunftsfähiges Thüringen mit dem Nachhaltigkeitszentrum Thüringen (NHZ).
Weitere Informationen und Bildergalerie: nhz-th.de/fachforen.html
Downloads
Einladungsflyer
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Graphic recording_Begrüßung
Vortrag U. Steinhardt_Oderbruch
Vortrag T. Meier_Regionalentwicklung
Vortrag M.W. Kockelmann_Lehmwerk
Graphic recording_Vorträge
Workshop_Projekt OLE
Workshop_Geländemöblierung
Workshop_Urban Farming
Graphic recording_Workshops
Graphic recording_WS Energiekonzepte
Graphic recording_WS Geländemöblierung & IBA