Digitalisierung für eine lebenswerte Zukunft
Rückschau
Das Nachhaltigkeitszentrum Thüringen lud zu seinem 2. Zukunftsforum im Jahr 2024 unter dem Titel "Nachhaltige Digitalisierung für Thüringer Kommunen" ein - in Kooperation mit der Stadt Ilmenau.
Die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung können nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Im Zukunftsforum wurde diskutiert, wie dies in der kommunalen Praxis gelingen kann, welche Erfahrungen hierzu bereits vorliegen, welche Herausforderungen und Grenzen bei der Umsetzung zu beachten sind.
Leiten ließen wir uns dabei von den Fragen:
- Wie kann die fortschreitende Digitalisierung der Thüringer Kommunen mit Ausrichtung auf die 17 Nachhaltigkeitsziele umgesetzt werden?
- Welche digitalen Anwendungen haben einen Mehrwert für eine lebenswerte Zukunft im Rahmen der planetaren Grenzen?
Impulse
In seinem Grußwort skizzierte Ilmenaus Oberbürgermeister Dr. Daniel Schultheiß den über 40 Gästen die Anforderungen im Bereich der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen sowie die Aktivitäten auf dem `Weg zur Intelligenten Stadt`.
Zum Einstieg berichtete Prof. Dr. Stefan Sinzinger, Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs an der TU Ilmenau, von der „Ilmenau School of Green Electronics “ (ISGE). Nachwuchskräfte arbeiten in Promotionsprojekten interdisziplinär an einer grünen Mikroelektronik. Das wissenschaftliche Ziel der ISGE ist es, eine Informationstechnologie zu entwickeln, die nicht nur im Betrieb, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette und im gesamten Materialkreislauf, d.h. bei Betrieb, Produktion, Reparatur und Recycling, nachhaltig und klimaneutral ist. Die TU Ilmenau sieht ein großes Potential in Sachen nachhaltiger Technologien.
Online zugeschaltet referierte Thomas Heine, SDG media, über die „Chancen der Digitalisierung für Nachhaltigkeit“. Er ist Herausgeber des Magazins für nachhaltige Beschaffung „Kleine Kniffe“, Initiator der Bewegung „Aktiv für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung“ und setzt sich ehrenamtlich für die Integration von Digitalisierung und Nachhaltigkeit ein in der internationalen Organisation „SustainableIT.Org“ und als SPP Ambassador für TWIN-Transformation.
Die anschließende Diskussion mit den Teilnehmenden drehte sich insbesondere um den dramatisch steigenden Ressourcen- und Energieverbrauch im IT-Sektor. Was kann man tun angesichts der übertriebenen Nutzung? Wie können Materialien in einen Kreislauf zurückgeführt werden?
Smart Cities
Stadtentwicklung im digitalen Zeitalter - Die Bundesregierung hat auf Beschluss des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung 2016 die Nationale Dialogplattform Smart Cities eingerichtet. Der Bund fördert seit 2019 mittlerweile insgesamt 73 "Modellprojekte Smart Cities" in drei Staffeln, darunter Mühlhausen, Jena und Gera. Gefördert werden kommunale, fachübergreifende und raumbezogene Strategien, deren Umsetzung sowie der Kompetenzaufbau.
In einem Dialogforum wurden „Smart City“-Projekte in Bezug auf Nachhaltigkeit näher betrachtet. Die Koordinierungs- und Transferstelle Modellprojekte Smart City (KTS) stellte auch Unterstützungsangebote für Kommunen, die nicht Teil des Förderprogramms sind, vor: Initialberatungen, Themenwerkstätten sowie Peer-Learnings und das Qualifizierungsprogramm zum Smart City-Manager.
Mit Kurzimpulsen vertreten waren die Städte Ilmenau, Jena und Mühlhausen.
Anwendungsbeispiele
Der motorisierte Individualverkehr macht noch immer mehr als 70% des täglichen Straßenverkehrs aus. In Zeiten von hohen Spritpreisen, einer Energie- und Klimakrise und Stau auf den Straßen, braucht es neue Mobilitätsmöglichkeiten.
Ein Verkehrsangebot der Stadt Ilmenau und des Ilm-Kreises nennt sich CAMIL. Zwei dieser automatisiert fahrenden, elektrisch betriebenen Kleinbusse, werden in Ilmenau im regulären Linienverkehr eingesetzt. Das Zukunftsforum bot Einblick in Akzeptanz, Praxiserprobung, Technik sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen des hochautomatisierten Fahrens. Sarah Höring, Geschäftsführerin IOV Omnibusverkehr GmbH Ilmenau, lud auf dem CAMpus-Parkplatz zu einer Spritztour mit CAMIL. Die Fachgebiete der TU Ilmenau und das Thüringer Innovationszentrum Mobilität (ThIMo) spielen bei diesem Forschungsvorhaben eine zentrale Rolle.
Workshops
Mit der App goFLUX suchen Autofahrer:innen nach Fahrgemeinschaften. Axel Diehl, Leiter Business Development goFLUX, stellte das Mobility-Startup vor, welches unternehmerisch verknüpft ist mit den Erfahrungen aus dem französischen Mitfahr-Markt. Mit einer KI-gestützten Technologie, einer App und verschiedenen Anreizen fördert goFLUX die Nachhaltigkeit und Mobilität im Alltag. Im Fokus sind regionale Fahrten – also Kurz- und Pendelstrecken. Die App kooperiert mit Unternehmen (u.a. Stadtwerke Bonn) und Verkehrsverbünden (u.a. Verkehrsverbund Rhein-Sieg), so dass private Fahrgemeinschaften in den öffentlichen Nahverkehr eingebunden werden können. Auch das soziale Miteinander wird gefördert.
Das Thema „Online-Bürgerbeteiligung für mehr soziale Teilhabe“ stand am Nachmittag im Workshop von Kai Ostermann von der Stadtverwaltung Jena im Fokus. Für die gesamtstädtische digitale Plattform mitmachen.jena.de wird die Open Source Software CONSUL genutzt, welche zur verbesserten Kommunikation beitragen soll. Alle Jenaer Einwohner:innen können sich an einer Diskussion beteiligen, einen Vorschlag einbringen oder über etwas abstimmen – aktuell über das Bürgerbudget 2024. Die digitalen Beteiligungen werden mit Informations- und Beteiligungsangeboten vor Ort kombiniert.
Beim „Erfahrungsaustausch über Lösungen für die Transformation zu einer klimaresilienten Kommune“ rückte Thomas Bauer, Geschäftsführer der Resilientis GmbH mit Sitz in Bad Lobenstein, das Thema wassersensible Stadt in den Mittelpunkt. Vorgestellt wurde das Projekt ReWaterCity Stuttgart. Errichtet und betrieben werden soll ein mobiles Wasserwiederverwendungssystem mit Umweltdatenerfassung zur lokalen Nutzung von Abwasser, um hochwertiges Bewässerungswasser zu gewinnen. Umwelt- und Wettersensoren werden eingesetzt, um die Wasserqualität des aufgereinigten Abwassers zu überprüfen und zudem kontinuierlich z.B. die Luftqualität zu ermitteln und zu dokumentieren. Finanziert wird dieses Projekt über den Stuttgarter Klimainnovations-Fonds.
Wir danken den Referent:innen sowie der Stadt Ilmenau für die angenehme Zusammenarbeit.
Downloads
Vortrag Thomas Heine
Impuls Smart City Ilmenau
Impuls Smart City Jena
Impuls Smart City Mühlhausen
Impuls KTS Angebote
CAMIL_IOV Ilmenau
WS_mitmachen.jena.de
WS_goFLUX
WS_Projekt ReWaterCity
Weitere Infos und Bildergalerie: Fachforen