Lebenswerte Orte
Rückschau auf unser Zukunftsforum
Das zweite Zukunftsforum 2025 des Thüringer Nachhaltigkeitszentrums fand am 23. September in Kooperation mit der Gemeinde Bad Tabarz statt. Im Gemeinderaum KukuNa des Kur- und Wanderortes am Thüringer Wald widmeten sich rund 50 Gäste der Frage, wie Kommunen im ländlichen Raum trotz knapper Mittel sich zu zukunftsfähigen und attraktiven Orten entwickeln können. Die Tagung gab praxisnahe Einblicke in bürgernahe Verwaltungsstrukturen, nachhaltigen Tourismus, altersgerechte Gemeindestrukturen und bürgerschaftliches Engagement.
Impulse / Vorträge
Zum Einstieg gab Bürgermeister David Ortmann einen Einblick in die Herausforderungen und Lösungen in Bad Tabarz. Wie viele ländliche Kommunen in Thüringen ist auch Bad Tabarz vom demografischen Wandel betroffen: 2024 lebten 1.322 Einwohnerinnen und Einwohner über 65 Jahre im Ort – im Vergleich zu 361 Personen im Jahr 1994. Um den Risiken sozialer Isolation im Alter zu begegnen und dem sogenannten selektiven Mortalitätseffekt vorzubeugen, setzt die Gemeinde auf vielfältige Angebote.
Ein besonderes lokales Instrument ist der „Bad-Tabarz-Gutschein“, eine eigene Regionalwährung, die dazu beiträgt, Kaufkraft im Ort zu halten und regionalwirtschaftliche Kreisläufe zu stärken. Auch für Kinder, Jugendliche und Familien schafft Bad Tabarz Rahmenbedingungen für Gesundheit und Wohlergehen. Hervorzuheben ist das im „TABBS“ frisch zubereitete, hochwertige Schulessen. Viele dieser Maßnahmen werden über Fördermittel finanziert und durch ein starkes Netzwerk aus Ehrenamtlichen und der Bürgerstiftung umgesetzt.
Heike Neugebauer vom LEADER-Management RAG Gotha-Ilm-Kreis-Erfurt e.V. gab anhand zahlreicher konkreter Beispiele aus Thüringen einen Überblick über Fördermöglichkeiten. Im Mittelpunkt stand die Richtlinie zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung und der Revitalisierung von Brachflächen (FR ILE/REVIT).
Unter dem Titel "Sommerfrische Schwarzatal. Zukunft braucht Wurzeln" stellte Ines Kinsky von der LEADER Aktionsgruppe Saalfeld-Rudolstadt e.V. die Zukunftswerkstatt Schwarzatal als Impulsgeber für die Umsetzung der LEADER-Strategie in einer Region mit einer Vielzahl kleiner Orte näher vor. Die Aktivitäten zur Aktivierung von Häusern oder zur Erhaltung von Freibädern, Gesprächsreihen oder Dorfkino im Schwarzatal haben funktionierende Dorfgemeinschaften zum Ziel.
Workshops
Drei thematische Workshops ermöglichten den Teilnehmenden, konkrete Ansätze und Werkzeuge kennenzulernen.
Ein Workshop beschäftigte sich mit der Bedeutung von Bürgerschaftlichen Engagement zur Mitgestaltung und zur sozialen Teilhabe. Unter dem Motto „Mitreden.Mitbestimmen.Mitfinanzieren“ stellte Chris Häßner vom Goals Connect e.V. das Konzept des Spendenparlaments im Saale-Orla-Kreis vor. Dieses stieß auf großes Interesse zur Nachahmung. Zudem wurden wichtige Rahmenbedingungen besprochen, die eine Kommune mitgestalten kann, um Engagement zu unterstützen oder zu ermöglichen. Genannt seien bspw. das Bereitstellen von Räumen für Vereine und Qualifizierungsangebote für Ehrenamtliche.
Hendrik Beck von der Thüringer Landesvereinigung für Gesundheitsförderung AGETHUR e.V. skizzierte den Weg von Bad Tabarz zur altersfreundlichen Kommune. Das Konzept der WHO-Initiative „Altersfreundliche Gemeinde“ bietet Kommunen einen strukturierten Ansatz. Weltweit über 1.700 Städte und Gemeinden nutzen diesen Rahmen, um Teilhabe, Sicherheit, Mitgestaltung und Respekt im Alter zu fördern. Für Bad Tabarz wurde eine Vision formuliert, bis 2027 sollen passende Strukturen aufgebaut, ein Aktionsplan erarbeitet und der Beitritt zum Netzwerk vollzogen werden.
Zukunft aus dem Reallabor: Der Bürgermeister von Schmölln, Sven Schrade richtete in seinem Workshop den Blick auf die "Integration von Fragen der Daseinsvorsorge und Nachhaltigkeit" - ein Forschungsprojekt des BMBF mit der Universität Kassel als Partner. Wie ist es möglich, die "großen" Themen Klimaanpassung und Nachhaltigkeit sowie Daseinsvorsorge und demographischer Wandel in die alltäglichen Entwicklungsprozesse einer kleinstädtisch-ländlichen Stadt zu integrieren? Welche positiven Beispiele der sozialen Infrastrukturplanung gibt es? Was sind die Herausforderungen, Chancen und Ideen rund um Gesundheit, Bildung, Mobilität und Digitalisierung in den Kommunen der Workshopteilnehmer*innen?
Führung durch die Gemeinde
Am Nachmittag standen Rundgänge durch Bad Tabarz auf dem Programm. Bürgermeister David Ortmann gab Einblicke in die nachhaltige Entwicklung innerorts. Genannt seien die Renaturierung eines Bachlaufes sowie die Umwandlung einer Brache in ein klimaangepasstes Natur- und Naherholungsgebiet. Die Gemeindebibliothek und die „Die Teigmacher“ sorgen für lebendige Treffpunkte.
Bad Tabarz trägt seit 2019 den Titel als Fairtrade-Town. Susanne Kalb, die ehrenamtliche Sprecherin der Initiative, erläuterte bei einem Rundgang anhand der "Reise einer Jeans“ Fakten zur internationalen Textilindustrie und zeigte die lokalen Möglichkeiten für einen nachhaltigen Konsum auf.
Das Zukunftsforum machte deutlich: Zukunftsfähige ländliche Räume entstehen dort, wo Kommunen mutig gestalten, Menschen beteiligen und regionale Potenziale aktiv nutzen.